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    Wie finde ich den perfekten Fahrradsattel? - kleine Sattelkunde

    Lesezeit ca. 5 min

    Lochsattel, Stufensattel, weich oder doch lieber hart? Bei der Vielfalt auf dem Markt sieht man das Fahrrad vor lauter Sätteln nicht. Viele Radfahrende machen sich wenig Gedanken über ihren Sattel und versuchen so gut es geht mit dem vorinstallierten Modell zurecht zu kommen. Wer aber mit Spaß, einer perfekten Kraftumsetzung und vor allem schmerzfrei radfahren möchte, der kommt um die Frage: ‚Welchen Sattel brauche ich?‘, nicht herum.Schmerzen im Sitzbereich sind vermeidbar, mit einer optimierten Sitzposition und dem richtigen Sattel. Wir geben in diesem Beitrag einen Überblick welche Sattelarten und -formen es auf dem Markt gibt und für wen sie sich eignen. Denn ein unpassender Sattel soll nicht der Grund sein, warum das Fahrrad Zuhause im Keller stehen bleibt.

    Wie sitzt man eigentlich richtig?
    Zuerst schauen wir auf unsere Anatomie im Beckenbereich. Jede Beckenform und auch die Sensibilität beim Sitzen im Sattel ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Im optimalen Fall sollten die Beckenknochen den größten Teil der Last beim Fahrradfahren tragen. Die Hauptbelastung mit 60-70% sollte möglichst auf den Sitzknochen liegen, da diese sehr robust und sind und hier keine großen Nervenbahnen verlaufen. Die beiden Sitzknochen lassen sich leicht ertasten, sitzt man auf einer ebenen harten Fläche, merkt man sie meist schon, fühlt man an die Unterseite des Pos ‚stechen‘ sie quasi hervor. Der Abstand der Sitzknochen ist bei jedem Menschen individuell, daher sollte auch der Sattel darauf abgestimmt sein.

    Beim Sitzen im Sattel, werden auch weitere umliegende Knochen und Weichteile belastet. Ausgehende von den Sitzknochen liegen die Schambeinäste nach vorne und oben und laufen an der Schambeinfuge zusammen. Die Schambeinäste sollten 30-40% der Belastung übernehmen, dies führt zu einer homogenen Belastungsverteilung, bringt Stabilität auf dem Sattel und sorgt für gute Fahreigenschaften. Klassischer Schmerzpunkt wäre beispielsweise eine zu punktuelle Belastung auf den Sitzknochen, das führt zu Instabilität und zu hohem Druck auf das Gewebe an den Auflageflächen. Umso weiter der Druck in Richtung des Schambeins liegt, desto mehr werden auch sensible Weichteile belastet. Dieses ‚Gesamtkonstrukt‘ muss gut ausbalanciert werden, leichter Kontakt ist wünschenswert, aber hohe Druckspitzen sollten vermieden werden. Da jedes Becken anders geformt ist, empfiehlt sich auch eine individuelle Sitzposition. Ein Punkt bleibt bei allen Radfahrenden gleich, der zentrale Beckenbereich des Schambeins und der Weichteile/Genitalien sollte komplett entlastet werden. Denn zu hoher punktueller Druck an dieser Stelle führt zu Schmerzen, Taubheit oder auch erektiler Dysfunktion. Hat man selbst Sitzprobleme kann man meist schon selbst eine Analyse vornehmen, wo die Problemstellen liegen. Schmerzen auf den Sitzknochen, ein ‚Hoppeln‘ im Sattel deuten auf eine instabile Position und eine zu hohe Belastung an den Sitzknochen hin. Taubheit im Genitalbereich und Scheuerstellen an den Innenseiten der Oberschenkel deuten auf zu viel Belastung des zentralen Beckenbereichs hin. Eine detaillierte Analyse kann in Problemfällen eine professionelle Sitzpositionsanalyse und Satteldruckmessung liefern.

    Für wen sind welche Sättel geeignet?

    ‚Standardsattel‘
    Beim Fahrradkauf ist er schon mit drauf, der Standardsattel. Meist handelt es sich um ein preiswertes Modell oder einen Sattel der Eigenmarke des Herstellers. Der Standardsattel verfügt selten über Features, wie Vertiefungen oder Stufen, er dient eher der Komplettierung des Fahrrads, als das er nach ergonomischen Gesichtspunkten ausgewählt wäre. Es gibt Menschen, die kommen damit ohne Probleme klar. Für viele stellt sich jedoch nach den ersten Fahrten heraus: Dieser Sattel ist nichts für mich! An dieser Stelle sollte man reagieren und sich nach Alternativen umsehen.

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    Sattelhärte
    Faustregel: Umso länger die Fahrt, desto härter der Sattel. Hart hört sich erstmal unbequem an, aber nein: Durch einen harten Sattel liegt die Hauptbelastung auf den Sitzknochen, wie es wünschenswert ist. Es stellt sich zwar ein dumpfer Druckschmerz durch die Nerven in der Knochenhaut ein, doch daran kann man sich gewöhnen. Nach circa zehn Fahrten sollten sich die Knochen daran gewöhnen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung gibt es nicht, da an dieser Stelle keine Nervenbahnen verlaufen. Für einen geschmeidigeren Sitz, kann man auf entsprechende Salben/ Sitzcremes zurückgreifen.

    Weicher Sattel: Ein weicher Sattel scheint durch die ordentliche Polsterung auf den ersten Blick bequem zu sein. Das ist er auch, allerdings nur die ersten 30-45 Minuten einer Radfahrt. Danach treten häufig große Sitzprobleme auf. Durch das Einsinken in die Polsterung bekommt der Intimbereich Kontakt mit dem Sattel, das wird zwar durch die Polsterung zunächst abgefangen und fällt daher erst nach der beschriebenen Zeit auf. Dann kann es aber richtig unangenehm werden. Durch die Reibung können Scheuerstellen auf der sensiblen Haut entstehen und das Sitzgefühl fühlt sich instabil und wenig kontrollierbar an. Wer nur kurze Distanzen fährt, der kann mit dieser Sattelart gut beraten sein. Stehen jedoch regelmäßig längere Touren oder sportliche Ausfahrten an, dann ist ein weicher Sattel die falsche Wahl.

    Vertiefung in der Sattelmitte
    Bei einem Sattel mit Vertiefung in der Mitte, ist das Obermaterial des gesamten Sattels meist vergleichsweise weich. Durch die Vertiefung entstehen geringere Druckspitzen und eine bessere Druckverteilung in Richtung Sitzknochen. Dadurch können sie eine Entlastung bringen, bei Männern im Bereich der Prostata und des Damms und bei Frauen im Bereich der Schamlippen und des Schambeins.

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    Lochsattel
    Mehr Entlastung kann ein Loch in der Sattelmitte bringen. Nach dem Prinzip: ‚Wo nichts ist, kann auch nichts drücken.‘ Einen Haken hat diese Form allerdings, durch das verhärtete Material an den Kanten zum Loch hin kann es zu Druckspitzen kommen, die auch zu Scheuerstellen führen können. Außerdem ist an den Stellen der Löcher natürlich logischerweise keine Druckverteilung möglich, was den Druck an die Stellen ohne Loch ‚weiterreicht‘. Ein Lochsattel kann eine individuelle Lösung sein, per se jedoch nicht.

    Stufensattel
    Ein Stufensattel hat eine sichtbare Stufe im Aufbau, der hintere Teil des Sattels ist höher und fällt dann nach vorne hin stufenförmig ab. Vorteil eines Stufensattels ist, dass die vorderen Schambeinäste sowie das Schambein sehr gut entlastet werden, allerdings nimmt auch die Belastung und somit die Druckspitzen auf den Sitzknochen zu. Wer über Beschwerden im Intimbereich klagt, der nimmt meist den etwas höheren Druck auf die Sitzknochen in Kauf und freut sich dabei über eine deutliche Entlastung im Genitalbereich.

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    Spezialsättel (zum Beispiel für Triathleten)
    Triathleten möchten meist aerodynamisch auf ihrem Fahrrad sitzen, um beim Radsplit möglichst rasant abzuschneiden. Die Sitzposition ist daher meist stark nach vorne rotiert und dreht das Becken ebenfalls nach vorne, somit verschiebt sich der Druck auf den Intimbereich. Das ist der Grund, warum ‚herkömmliche‘ Sättel mit einer Nase oft zu Problemen auf längeren Distanzen führen, auch bei weicher Polsterung. Durchgesetzt hat sich im Triathlonbereich eine abgeschnittene Sattelnase, um die Intimregion ausreichend zu entlasten. Aber es handelt sich hier um einen speziellen Einsatzbereich und eine spezielle Sitzposition, für den Alltag sind solche Spezialsättel meist ungeeignet.

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    Brauchen Frauen andere Sättel als Männer?
    Die anatomische Beckenform sowie der Weichteilbereich von Frauen und Männern unterscheidet sich. So haben Frauen im Durchschnitt einen breiteren Abstand zwischen den Sitzknochen, die im Idealfall flächig auf dem Sattel aufliegen. In der Regel benötigen Frauen einen etwas breiteren Sattel als Männer. In unseren langjährigen Radlabor-Messungen hat sich gezeigt, dass der Sitzknochenabstand bei beiden Geschlechtern zwischen 9cm und 17cm stark variiert. Individuell kann als auch eine Frau ein sehr schmales Becken, ein Mann auch ein sehr breites Becken besitzen – daher am besten das eigene Becken einmal vermessen (lassen). Ein weiterer Unterschied zwischen Mann und Frau liegt in der Anatomie der Schambeinfuge: im Mittel ist die Höhe der Schambeinfuge beim weiblichen Becken geringer, somit bekommen Frauen früher Kontakt am Schambein mit dem Sattel und benötigen häufiger als Männer eine zentrale Entlastung (Loch oder Vertiefung). Der Entlastungsbereich der Weichteile sollte bei Frauen im Bereich der Schamlippen/Schambein liegen, bei Männern vor allem im Dammbereich. Vereinzelte Hersteller bieten aus diesen Gründen spezielle Damenmodelle an, die auf die Besonderheiten des weiblichen Beckens angepasst sind. Andere Hersteller präsentieren Konzepte, bei denen die Entlastungen für beide Geschlechter in einem Sattel vereint sind (z.B. SQlab). Objektiv ist kein Konzept als besser oder schlechter zu bewerten. Ein Vorurteil aber können wir klar entkräften: Der passende Frauensattel muss nicht weicher als ein Männersattel sein! Ein weicher Gel- oder Schaumsattel kann die Sitzbeschwerden verstärken. Und Frauen könne die gleiche Sattelhärte wie Männer fahren, der Sattel muss lediglich die richtige Breite und Intim-Entlastung bieten.

    Wie komme ich zu MEINEM perfekten Sattel?
    Um den perfekten Sattel zu finden, muss man ausprobieren. Es lohnt sich aber, sich im Vorhinein Gedanken über das eigene Fahrverhalten zu machen und die eigenen Sitzprobleme sowie schmerzhaften Kontaktstellen zu lokalisieren. Die Wahl des Sattels muss auf diese Aspekte ausgerichtet sein, Optik und Preis sollten an dieser Stelle zur Nebensache werden. Essentiell ist vor allem die richtige Breite des Sattelmodells. Der eigene Abstand der Sitzknochen bestimmt die Sattelbreite. Den Abstand kann man zu Hause mit einer Wellpappe bestimmen oder im guten Fahrradladen messen lassen. Kauft man einen neuen Sattel, sollte er diesen Messungen entsprechen. Einige Hersteller und Radhändler, wie auch wir im Radlabor, bieten auch einen kostenlosen Rückgabeservice an, wenn der Sattel nach einigen Ausfahrten doch nicht passt. Ein tiefergehender Weg ist eine professionelle Sitzpositionsanalyse/ Bike Fitting mit einer Satteldruckanalyse. Dabei kann man am besten auf die individuellen Bedürfnisse eingehen und direkt vor Ort mehrere Sattelmodelle testen. Wir vom Radlabor bieten genau das an, wir vermessen deinen Körper und auch dein Becken genau und gehen auf Sitz-Beschwerden ein. Anhand einer Druckfolie könne wir die Druckverteilung auf dem Sattel messen und haben verschiedene ergonomische Sattelmodelle und Hersteller zum direkten Testen zu Hand. Wir bieten ebenfalls einen kostenfreien Umtauschservice an, sollte dir der neue Sattel doch nicht gefallen. Wir schauen aber nicht nur auf den Kontaktpunkt Sattel, sondern widmen uns auch deiner Lenkereinstellung und gesamten Sitzposition. Buche einfach unsere Sitzpositionsanlyse und den Fokus Sattel dazu, dann bringen wir dich zu einer optimierten Position auf deinem Rad und zu keinen Schmerzen mehr im Sattel.

    Autor: Pascal Ketterer

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    Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit Pascal Ketterer entstanden, unserem langjärigen Laborleiter im Radlabor München und Bike-Fitter durch und durch. Die Daten und Erfahrungswerte stammen aus dem Laboralltag und umfangreichen Sattelstudien, in denen verschiedene Sattelmodelle und -formen an verschiedenen Probanden mithilfe von Druckmessungen untersucht wurden.

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