Einführung
Gut verpflegt ist halb geschafft. So könnte ein Merksatz für das erfolgreiche Abschneiden bei Wettkämpfen im Ausdauersport lauten. Wie wichtig die Verpflegung im Hochleistungssport ist, bekommt man immer wieder mit, wenn Sportler ihre Verpflegung verlieren und am Ende „eingehen“. Doch bei Hobbysportlern spielt die Verpflegung neben Training und Materialschlacht häufig noch eine untergeordnete Rolle. Doch gerade hier lässt sich mit wenig Aufwand viel Leistung ausschöpfen.
Wie eine gesunde Ernährung generell aufgebaut ist, hat Tanja im Blog „Grundlage einer radsportspezifischen Ernährung“ bereits ausführlich erklärt. Auch die Ernährung im Training hat Jule in ihrem Blog „Ernährung und Regeneration“ ausführlich erklärt. Um alle Bausteine der Ernährung zu verstehen, lohnt sich der Blick in die beiden Blogs von Tanja und Jule. Hier widmen wir uns der Ernährung bzw. Verpflegung unmittelbar vor und während einem Wettkampf.
Egal ob Ironman, Marathon oder Hobby-Radrennen, überall wird eine Menge Energie verbraucht. Doch wie schaffe ich es auch nach drei, vier, fünf oder vielleicht 10-12 Stunden noch genug Energie zu haben? Die Antwort auf diese Frage hängt von einigen Faktoren ab. Bspw. Wie intensiv der Wettkampf ist, welche äußeren Umstände wie Wetter oder Streckenprofil herrschen und wie gut man auf all das vorbereitet ist. Gerade der letzte Punkt wird häufig vernachlässigt. Denn auch das richtige Verpflegen muss geübt sein. Aber fangen wir vorne an.
Kohlenhydrate – der Treibstoff im Wettkampf
Was ist sinnvoll während eines Wettkampfs zu essen und zu trinken. Die Nahrungsquelle der Wahl sind die Kohlenhydrate (KH). Dieser Makronährstoff liefert den besten Kompromiss aus Energiedichte und Geschwindigkeit der Verstoffwechslung. Denn beim Wettkampf bleibt meist keine Zeit die Verdauungsorgane intensiv arbeiten zu lassen. Somit sollte die Nahrung aus leicht verdaulichen Bestandteilen bestehen, den Kohlenhydraten. Jetzt fragt man sich vielleicht, kann ich nicht einfach im Vorfeld so viele Kohlenhydrate essen, dass sie für den Wettkampf reichen? So einfach ist das leider nicht. Die Glykogenspeicher im Körper (Muskeln und Leber) sind begrenzt. Bei einem durchschnittlichen Erwachsenen sind es etwa 300g, bei einem gut trainierten Athleten bis zu 600g. Dabei muss man aber bedenken, dass Glykogen immer in Verbindung mit Wasser gespeichert wird und das reine Glykogen nur etwa ¼ des Gesamtgewichts ausmacht. 1g reines Glykogen hat etwa die Energie von 4kcal. Da das reine Glykogen nur etwa ¼ des Gewichts ausmacht kann man also von 600kcal Energie bei 600g gespeichertem Glykogen ausgehen. Dieser Energiespeicher wäre also bei intensiver Aktivität nach ca. 1h aufgebraucht. Da der Körper und vor allem das Gehirn nicht mit leerem Glykogenspeicher durch die Gegend geschleppt werden will muss Energie nachgeführt werden. Hier kommen die verschiedenen Riegel, Gels oder Kohlenhydratgetränke ins Spiel.
Die Bestandteile der Gels unterscheiden sich von Hersteller zu Hersteller nur minimal. Die Zusammensetzung der KH ist meistens 2:1 von Maltodextrin und Fructose. Maltodextrin ist ein Polysaccharid (Mehrfachzucker) bestehend aus mehreren Glucoseverbindungen. Durch die Kettenverbindung wird das Maltodextrin nicht ganz so schnell abgebaut wie reine Glucose, ist aber trotzdem noch so leicht abzubauen, dass es sehr schnell Energie liefert. Gleichzeitig ist Maltodextrin nur leicht süß und klebt nicht so stark wie Glucose oder Fructose, weshalb es angenehm in der Handhabung ist. Das Verhältnis von 2:1 ist zwar das am häufigsten verwendete, allerdings wäre für die Aufnahme im Körper ein Verhältnis von 1:0,8 am besten. Dabei wird das Gel durch den höheren Fructose Anteil deutlich süßer. Der Nachteil: der Körper kann nicht unbegrenzt viel Fructose aufnehmen, weshalb das Verhältnis 2:1 auf Dauer verträglicher ist.
Natrium, Koffein & Co – sinnvolle Ergänzung oder nur Beiwerk?
Wie viel KH jedoch pro Gel zur Verfügung stehen unterscheidet sich je nach Hersteller deutlich. Ich habe mich mal auf den Weg gemacht und verschiedene große Hersteller verglichen. Der Inhalt reicht von 22g KH auf 60ml Gel bei SiS bis 40g KH auf 60ml Gel bei Mnstry oder 40g KH auf 65ml bei Maurten. Neben den Kohlenhydraten sollten auch Elektrolyte zu sich genommen werden. Natrium ist normalerweise in jedem Gel auch vorhanden, manchmal mehr manchmal weniger. Ein weiterer Zusatzstoff kann Koffein sein. Ein weit verbreitetes „Aufputschmittel“. Koffein wirkt durch die Blockade von Adenosin-Rezeptoren. Adenosin wird bei Müdigkeit und Energiemangel gebildet und hemmt die Ausschüttung von Dopamin, kann aber durch die Blockade seine Signale nicht weitergeben. Deshalb setzen Erschöpfung und Müdigkeit deutlich später ein und die Herzfrequenz wird erhöht.
Vor dem Wettkampf
Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man, sofern beim Wettkampf vom Veranstalter Verpflegung angeboten wird, diese auch im Vorfeld ausprobieren. Wenn dann im Wettkampf etwas mit der eigenen Verpflegung schief geht, hat man immerhin das Backup des Veranstalters und weiß, wie man es verträgt, bzw. hat im besten Fall vorgesorgt, wenn man die Veranstalter-Verpflegung nicht verträgt.
Trotz der begrenzten Speicherkapazität sollten die Glykogenspeicher idealerweise vor dem Wettkampf vollständig gefüllt sein. Dazu reicht leider nicht die beliebte Pastaparty am Abend vor dem Rennen. Mit dem sogenannten „Carbo-Loading“ sollte schon 2-3 Tage vor dem Wettkampf begonnen werden hierbei eignen sich die bekannten kohlenhydratreichen Lebensmittel wie Kartoffeln Nudeln und Reis, wobei dabei Vollkornnudeln die bessere Alternative sind. Die Mahlzeiten sollten im Vergleich zur Ernährung davor allerdings nicht einfach mit einer erhöhten Gesamtmenge erfolgen, sondern mit etwas weniger Proteinen und Fetten. So bleibt die Kalorienzahl annähernd gleich, nur die Zusammensetzung verändert sich. Gleichzeitig sollte die Intensität des Trainings reduziert werden, damit die zugeführten Kohlenhydrate nicht gleich wieder verbraucht werden.
Am Wettkampftag
Am Wettkampftag selbst sollte am Morgen wieder ein kohlenhydratreiches, leicht verdauliches Frühstück gegessen werden. Bestandteile können bspw. Weißbrot mit Honig oder Marmelade, Porridge mit etwas Obst oder Müsli mit Rosinen und Apfel und Banane. Vermeiden sollte man fett- und ballaststoffreiche Lebensmittel, da diese die Verdauung verlangsamen.
Jetzt können wir mit vollen Glykogenspeichern und schnell verdautem Frühstück in den Wettkampf starten.
Train the gut – der unterschätzte Trainingsbaustein
Damit wir uns nun die gute Vorarbeit der letzten Tage nicht kaputt machen und erst alle Reserven leerräumen brauchen wir schon sehr früh wieder Energie, die wir zuführen können. Bei Wettkämpfen, die dauerhaft eine hohe Belastung darstellen, wie Marathon oder Triathlon, sollte vollständig auf eine mehr oder weniger flüssige Nahrung geachtet werden. Hierbei sind Gels und KH-haltige Getränke die erste Wahl. Damit dabei keine bösen Überraschungen auftreten, sollte man die Wettkampfverpflegung bereits im Training ausprobiert haben. Denn nichts ist schlimmer, als im Wettkampf zu merken, dass man die Gels bei der hohen Belastung gar nicht verträgt. Deshalb heißt es auch nicht umsonst „train the gut“ also „trainiere die Verdauung“. Denn 120g KH pro Stunde kann man nicht einfach so mal eben wegstecken. Dafür braucht es auch Training. Wo wir schonmal bei der Menge der KH sind. Ja, 120g sind realistisch und manchmal absolut nötig, um mitzuhalten. Doch ein untrainierter Darm schafft gerade mal 30-60g Kohlenhydrate pro Stunde aufzunehmen. Um auf 90-120g KH/h zu kommen muss man die Nahrungsaufnahme trainieren, am besten auch unter Wettkampfbedingungen, also bei hoher Intensität. Deshalb kann man nie früh genug anfangen im Training die Verpflegung bereits richtig einzuplanen.
Fazit:
Die Ernährung rund um den Wettkampf spielt bei vielen (Hobby-) Sportlern leider noch eine untergeordnete Rolle, obwohl mit der richtigen Strategie die Leistung nochmals deutlich gesteigert werden kann. Damit der Körper die Nahrung optimal aufnehmen kann sollte die Art der Nahrung (Riegel, Gels…) ausprobiert und die richtige Zusammensetzung gewählt werden. Ebenso muss die Nahrungsaufnahme unter Wettkampfbedingungen trainiert werden, denn nur so kommt der Körper auch damit klar, wenn es wirklich um jede Sekunde geht.
Also lieber noch ein Notfall-Gel (oder Notfall-Gummibärchen) mitnehmen, die nächste falsche Abzweigung kommt bestimmt!
Autor: Piero Wolf